Neue Unterkünfte statt Zeltstädte in Leipzig – Lage für Flüchtlinge soll sich verbessern

Die Stadt Leipzig will ihre kommunalen Firmen stärker beim Bau von Flüchtlingsunterkünften einbinden. Die sechs Zeltstädte sollen möglichst bald überflüssig werden. Hier der Überblick zu Bauplänen an der Rackwitzer Straße, in Kleinzschocher, Plagwitz und Wiederitzsch.

Einiges Rätselraten hat Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) mit seinem Hinweis ausgelöst, die LWB werde bald neue Flüchtlingsunterkünfte bauen. Bei der jüngsten Bilanzpressekonferenz des kommunalen Wohnungsunternehmens sagte der Stadtchef: „Wir sind auch in engen Verhandlungen über eine Flüchtlingsunterkunft. Damit wir raus aus den Zelten kommen. Wo, das gucken wir dann mal. Erst mal müssen wir versuchen, das finanziell zu stemmen.“

Er sei sehr dankbar, dass Stadt und Unternehmen zu dem Thema nun intensiv miteinander verhandeln und nachdenken würden, führte Jung weiter aus. „Ich hoffe, dass wir da auch eine Erfolgsmeldung bringen können in den nächsten Monaten.“ Die Kunst sei, so zu bauen, dass die neuen Gebäude flexibel nachnutzbar werden. Eines Tages sollten dort Azubis, Familien oder Senioren einziehen können. Aktuell müsse Leipzig aber alles tun, damit die sechs Notunterkünfte mit 1244 Plätzen in Zelten bald wieder aus dem Stadtbild verschwinden. „Es geht da nicht allein um den menschlichen Aspekt. Hinzu kommt: Nichts ist so teuer wie die Unterbringung in Zelten.“

„Stadt will auf die LWB zurückgreifen“

Tatsächlich legt die Verwaltung zurzeit viel Druck auf das Thema, erfuhr die LVZ auf Nachfrage. Verschiedene LWB-Grundstücke sind schon grundsätzlich auf ihre Tauglichkeit geprüft worden. „Es geht noch nicht um konkrete Bauvorhaben. Fest steht aber, dass die Stadt beim Bau neuer Flüchtlingsunterkünfte grundsätzlich auf die LWB zurückgreifen möchte“, erklärte Martina Kador-Probst, die Chefin vom Sozialamt.

Dies bestätigte Unternehmenssprecherin Samira Sachse: „Als kommunales Unternehmen übernimmt die LWB im Auftrag der Stadt vielfältige Aufgaben – vom Bau von Kitas bis zu Housing First.“ Die Unterbringung von Geflüchteten gehöre dazu, werde aber auch künftig überwiegend dezentral erfolgen. So habe Leipzigs größter Vermieter schon vor Jahren einige Gemeinschaftsunterkünfte in Bestandsbauten eingerichtet: in Wahren, Lindenau und Grünau. „Einen Neubau hatten wir dabei in der Tat noch nie.“

Zuvor war spekuliert worden, Jung könnte seine Bemerkung auf die Rackwitzer Straße 38-42 gemünzt haben. Im Mai hatte die Stadt ein Projekt für diese noch freie Fläche neben dem Fliederhof vorgestellt. Demnach sollte dort Leipzigs größte Gemeinschaftsunterkunft mit 660 Plätzen entstehen.

Jedoch entzündete sich an dem Vorhaben viel Kritik. Es sei deutlich zu groß und mit einem Preis von 40 Millionen Euro für den Kauf von Grundstück und dem geplanten Neubau wohl auch zu teuer. Linke, CDU und AfD signalisierten eine Ablehnung im Stadtrat, wenn nicht erhebliche Korrekturen erfolgen. Die Linke nannte dafür eine konkrete Grenze bei 200 Plätzen für Flüchtlinge. Zudem könnten auf dem Areal weitere Häuser für Azubis, Studenten oder Senioren entstehen.

Alternativen für Rackwitzer Straße

In der Folge wandte sich die Stadt an jene Firma mit Sitz in Lützen, der das Grundstück gehört – und bat um alternative Vorschläge. Die sollen nächste Woche im Rathaus eintreffen, erfuhr die LVZ. Fest steht jedoch schon: Die Firma aus Lützen verkauft ihre Fläche nur dann an die Stadt, wenn sie auch die dort geplanten Häuser bauen darf: also zweimal verdienen kann. Im Grundsatz ist das auch der Stadt recht. Denn eine Privatfirma ist nicht an so strenge Ausschreibungsregeln gebunden wie ein öffentliches Unternehmen oder die Kommune. Private können daher schneller planen und bauen.

Laut Sozialamt hat die Stadt selbst derzeit nur ein wirklich großes Bauprojekt für Flüchtlinge in der Pipeline. Das soll die kommunale Entwicklungsgesellschaft LESG mit 368 Plätzen in der Diezmannstraße 12a (Kleinzschocher) verwirklichen. „Inzwischen ist geklärt, wie wir die Eidechsen vom Baufeld nach Vorgaben des Umweltschutzes umsiedeln können“, sagte Geschäftsführer Sebastian Pfeiffer. Nun beginne vorfristig die Planung für ein Gebäude, das 2028 den Betrieb aufnehmen soll und der Gemeinschaftsunterkunft aus der Arno-Nitzsche-Straße ähneln wird. Diesen Neubau mit 360 Plätzen in Connewitz hatte ebenfalls die LESG gebaut.

Zeitvorsprung in Kleinzschocher

Zeitnah sollen noch einige kleinere Vorhaben fertig werden. So erweitert die LESG die Gemeinschaftsunterkunft in der Friederikenstraße bis September um 96 Plätze in Containern. In der Karl-Heine-Straße 43-45 (die Vorderhäuser vom früheren Biomare-Markt) richtet ein Ableger der privaten Stadtbau AG bis zum Juli 60 Plätze ein. Und ein Konzeptvergabe-Verfahren der Stadt für den Bau von drei zweigeschossigen Wohnhäusern in Wiederitzsch hat gerade begonnen. Ab 2028 sollen auf dem kommunalen Grundstück an der Martinshöhe 108 Menschen Unterkunft finden.

Im Stadtgebiet existieren derzeit 39 Gemeinschaftsunterkünfte, sechs Zeltstandorte und viele Kleinstanmietungen der Kommune. Insgesamt leben dort mehr als 6300 Personen. Alle Neubau-Projekte sind für Flüchtlinge aus der Ukraine vorgesehen. Außerdem unterhält der Freistaat Sachsen drei Erstaufnahmeeinrichtungen in Leipzig, in denen gegenwärtig mehr als 1100 Personen leben.